Schlechte Noten für Gesundheitsprävention
Der erste Public Health Index (PHI) sieht Deutschland auf dem vorletzten Platz von 18 untersuchten Ländern in Zentral- und Nordeuropa, knapp vor der Schweiz und hinter den Nachbarn Luxemburg und Österreich. Den Platz des Klassenprimus teilen sich das Vereinigte Königreich und Finnland, gefolgt von Irland und Norwegen. Die skandinavischen Länder so weit oben zu finden erstaunt wohl kaum jemanden. Großbritannien dagegen zeigt, wie viel man mit den richtigen politischen Entscheidungen in wenigen Jahren für die allgemeine Gesundheit und eine niedrigere Sterblichkeitsrate tun kann. Entscheidend sind vor allem die Vorgaben, die man Unternehmen in den Bereichen, Tabak- und Alkoholkonsum sowie Ernährung macht. Während Deutschland hier noch immer auf Freiwilligkeit setzt, ziehen andere Länder seit einigen Jahren die Daumenschrauben an – vor allem auch im Sinne des Kinder- und Jugendschutzes.
Alkohol, Tabak und Zucker reduzieren
Neben dem Zugang zu Alkohol und Tabak wurde in den führenden Ländern der Einsatz von Zucker reduziert bzw. durch Steuererhöhungen der Verbrauch runtergefahren. Während in den meisten Ländern der Alkoholkonsum ganz klar erst ab 18 Jahren zulässig ist, diskutiert man hierzulande noch immer das begleitete Trinken ab 14 Jahren. Düster steht es auch um die Begrenzung stark zuckerhaltiger Getränke und Speisen. Nicht einmal eine eindeutige Kennzeichnung wurde festgelegt, von einer erneuten Zuckersteuer, die hierzulande 1993 abgeschafft wurde, ganz zu schweigen. Die stark zunehmenden Fälle von Adipositas könnte man so eindämmen, ebenso wie verbindliche Standards für Schul-, Mensa- und Kantinenessen schaffen. Einzelmaßnahmen bleiben stark begrenzt und ein eigentlich nötiger Maßnahmenmix liegt noch in weiter Ferne.
Vorsorgen ist billiger als heilen
Allein bei der Bewegungsförderung liegt Deutschland aufgrund zahlreicher regionaler Aktionen und einzelner in die Jahre gekommener Programme wie den Bundesjugendspielen im Mittelfeld. Auch hier gibt es also Nachholbedarf um zu Ländern wie GB, Dänemark und Frankreich aufzuschließen. Gerade in Zeiten, in denen die Kosten für das Gesundheitssystem explodieren, sollten Maßnahmen zur Gesundheitsvorsorge ganz oben auf der Agenda stehen. Wissenschaftlich empfohlene Maßnahmen geben hierfür eine sinnvolle Orientierung – Länder wie GB zeigen wie es gehen kann.
Geringere Lebenserwartung
Laut dem aktuellen PHI spielt mangelnde Prävention bei vier von zehn Todesfällen hierzulande eine wesentliche Rolle. Und das obwohl Deutschland mehr Geld pro Kopf für Gesundheit ausgibt als jedes andere Land in der EU. Trotzdem liegen wir bei der Lebenserwartung inzwischen unter dem EU-Mittelwert. Bluthochdruck, Diabetes Typ 2, Adipositas, Lungenkrebs und Fettleber sind nur eine kleine Auswahl von Erkrankungen, die durch rechtzeitige Prävention verhindert werden könnten.
PHI alle zwei Jahre wiederholen
Die Verantwortlichen der Studie betonen, dass effektive Prävention anders als angenommen, eben keine Privatsache ist. Staatliche Vorgaben wie Werbeverbote, Verkaufsbeschränkungen und zusätzliche Steuern wären zugkräftige Gegenmaßnahmen. Auch die WHO hatte in früheren Studien festgestellt, dass Deutschland internationale Empfehlungen und Richtlinien nur halbherzig umsetze. Um Fortschritte zu überprüfen soll der PHI künftig durch AOK und DKFZ alle zwei Jahre erhoben werden. Die Bereitschaft in der Bevölkerung wäre laut Umfragen im Rahmen des PHI vorhanden. 63 % sind für höhere Steuern für Tabak und Alkohol und 70 % für eine Freigabe erst ab 18. Sogar 89 % wären für eine Werbeeinschränkung für fett-, zucker- und salzhaltige Produkte und 70% plädieren für eine Extraabgabe der Hersteller von stark zuckerhaltigen Softdrinks.



