Quo vadis deutsche Apotheken-Reform?

Noch vor der parlamentarischen Sommerpause wollte Gesundheitsminister Lauterbach die geplante Apothekenreform verabschieden – an Bundestag und Bundesrat vorbei. Dass es dazu Mitte Juli nicht mehr kam, ist vielleicht der zähen Haushaltsplanung für 2025 geschuldet. Sicher ist, dass der Gegenwind aus den Bundesländern und den Apotheker-Verbänden, nachdem der Referentenentwurf des Apotheken-Reformgesetzes publik wurde, heftiger ausfiel als erwartet. Kritik an dem „größten anzunehmenden Unfall“ für deutsche Apotheken kam sogar von einzelnen SPD-Gesundheitsministern der Länder. In Hessen blieben Ende Juni direkt für zwei Tage die Apothekentüren zu. Doch was beinhaltet die Lauterbachsche Vision einer zukunftsfähigen deutschen Apotheke? In seiner Light-Version wären Apotheker*innen nur noch in der Haupt-Apotheke notwendig, Filialen dürften künftig von PTAs geführt und der pharmazeutische Rat falls nötig per Video eingeholt werden.

Light-Apotheken ohne Beratung
Ähnlich wie bei den angedachten Gesundheitskiosken, die im ländlichen Raum viele der bald nicht mehr vorhandenen Hausarztpraxen ersetzen sollen, würde die Light-Apotheke quasi zum Bestell- und Medikamenten-Abholservice. Auch das Labor für die Herstellung von Rezepturen wäre hier unnötig. Weniger Bremsklotz-Bürokratie wäre dagegen durchaus sinnvoll, auch bei der sehr starren Apotheken-Betriebsordnung. Würde sich diese Vision aber durchsetzen, wäre das der Untergang nicht nur für den aktuell trotz vieler Probleme noch immer hohen Qualitätsstandard. Die noch immer nicht gehobenen Lieferprobleme sind trotz politischer Bemühungen weiterhin an der Tagesordnung. Selbst erfahrene PTAs wären aktuell damit überfordert und wollen sich hier auch nicht als „Apotheken-Lightung“ verheizen lassen. Im Übrigen dürfte sie auch nicht den Notdienst übernehmen, hierfür wäre weiterhin ein/e approbierte/r Apotheker/in nötig.

Ohne Honorarzuwachs keine Perspektive
Schon jetzt ist eine spürbare Folge der vorliegenden Reformpläne die zunehmende Abwanderung von PTAs in die Industrie – zumeist wegen besserer Bezahlung. Die zu erwartenden schlechteren Rahmenbedingungen macht die Suche vieler Apotheken, nach Apotheker*innen für die Nachfolge noch schwieriger. Im Ergebnis schnellen die Zahlen der Apothekenschließungen weiter nach oben – nicht nur auf dem Land. Aber auch junge Apotheker*innen, die ihre Zukunft in der eigenen Apotheke gesehen haben, überlegen jetzt die Reißleine zu ziehen, bevor es zu spät ist, wie beispielsweise Insel-Apotheker, die derzeit noch Helgoland und Pellworm versorgen. Statt ein Licht am Ende des Tunnels zu entzünden, indem die lange überfällige Honorarerhöhung auf den Weg gebracht wird, geht die Politik mittels der neuen Eckdaten mit der Sense gegen die Apotheken vor.

Für mehr Kompetenzen fehlen Fachkräfte
Für die erweiterten Pharmazeutischen Dienstleitungen, sind schon jetzt in vielen Apotheken kaum noch ausreichend Mitarbeiter*innen vorhanden, auch nicht für Lauterbachs liebstes Kind, das Gesundes-Herz-Gesetz, das 2025 eingeführt soll. Kommt es wie geplant, dann folgt auf die Apotheke ohne Apotheker*in früher oder später die Gesundheit ohne Pharmazeuten. Eine Zwei-Klassen-Versorgung ist jedenfalls mit den neuen Möglichkeiten für Apothekenketten- und Light-Versionen absehbar und die gewohnte pharmazeutische Versorgung würde mittelfristig nur noch in städtischen 1A-Lagen gesichert sein. Sicher, neue Konzepte braucht das Land, aber nicht indem man zulasten der Patienten*innen den bislang geltenden Qualitätsanspruch völlig über Bord wirft, denn wo Apotheke dransteht, sollte jeder Kunde*in auch weiterhin eine/n Apotheker*in erwarten können.