Die Apotheke-Light ist keine Option!

Kommt nun neben den Gesundheitskiosken als Ersatz für die Hausarztpraxis auf dem Land auch noch die Lightversion der Apotheke? Ohne Apotheker*in, Notdienst und Labor? Quasi als Medikamenten-Ausgabestelle mit Beratung per Video oder Handy-App? Klingt vielleicht im ersten Moment in Regionen, wo man schon seit Jahren lange Strecken zur nächsten Apotheke zurücklegen muss, ganz verlockend. Aber die Aufweichung der Apothekenbetriebsordnung, die all dies für jede Apotheke unverzichtbar macht, wäre der erste Schritt in eine pharmazeutische Zweiklassen-Gesellschaft. In den Städten und Ballungsräumen bleibt die individuelle pharmazeutische Betreuung bestehen, während man im ländlichen Raum im besten Fall nur durch die abgespeckte Version einer Filialapotheke versucht, eine flächendeckende Versorgung mit Medikamenten aufrecht zu erhalten. An den vielen weiterhin nicht gelösten Lieferproblemen würden diese Pläne allerdings nichts ändern. Aber der Bundesgesundheitsminister sieht ja dem kommenden Winter ohnehin entspannt entgegen.

Allzweckwaffe Markt-Liberalisierung
Der Bundesgesundheitsminister hat seine Vorstellung von einem liberalisierten Apotheken-Markt just zum diesjährigen Apothekertag im September präsentiert – unter laustarkem Protest der anwesenden Apotheker*innen. Seither hat auch die genauere Analyse seines Konzeptes keine positiveren Erkenntnisse gebracht. Weder findet man hier die überfällige Erhöhung der Apothekenhonorare um den steigenden Apothekenrückgang zu stoppen, noch bekämpft es die viel zu lange bestehenden Medikamenten-Lieferengpässe. Was soll es also bewirken? In Dänemark hat eine Ausweitung von Apotheken-Filialen keinerlei Zuwachs im ländlichen Raum erreicht. Außerdem liegt diesen Planungen eine massive Fehleinschätzung der allgemeinen wirtschaftlichen Lage der Apotheken zugrunde. Ob Stadt oder Land, die wirtschaftliche Situation ist durchaus vergleichbar, mit dem kleinen Unterschied, dass es Land-Apotheken noch schwerer haben Personal oder Kandidat*innen für einen Übernahme zu finden.

PTAs als Lückenbüßer
Selbst erfahrene PTAs sind laut ihrem Ausbildungsprofil nicht ausreichend für komplexe pharmazeutische Beratungsfälle gewappnet. Deshalb sieht die aktuelle Apothekenbetriebsordnung vor, dass immer ein/e approbierter Apotheker*in für Nachfragen anwesend sein muss. Alle Apotheken-Berufsverbände sehen deshalb Lauterbachs aktuelle Pläne mehr als kritisch. Das Konzept „Apotheken ohne Apotheker*innen“ quasi als Telepharmazie würde die Nachwuchssorgen bei allen Berufsgruppen wie PTAs, PKAs und Pharmazeuten noch weiter befeuern. Auch der Berufsverband der PTAs sieht sich überfahren und reagierte entsetzt, dass PTAs nach den Wünschen des Bundesgesundheitsministers vielleicht als Notnagel herhalten sollen. Und auch Pharmazie-Studierende wollen sich unter dem Motto „Zukunftsklau“ den bundesweiten Protesten anschließen. Leider wird bisher jede fachliche Kritik vom Bundesgesundheitsministerium parteiübergreifend ignoriert.