Streit um Nahrungsergänzungsmittel

Alle Jahre wieder wird von unterschiedlichen Seiten die Sinnhaftigkeit von Nahrungsergänzungsmitteln in Frage gestellt. Vitamine und Mineralstoffe sind Teil unserer täglichen Ernährung und im Idealfall wird unser Mindestbedarf hierüber gedeckt. Allerdings ist dieser abhängig von Geschlecht, Alter, Wachstumsphasen sowie der Lebenssituation. Bei Frauen verändert er sich mitunter sogar mit dem Monatszyklus und nicht zuletzt durch Schwangerschaft und Stillzeit. Ein erhöhter Verbrauch ergibt sich auch bei Leistungssportlern, in Stress- und Entwicklungsphasen, bei chronisch Kranken oder im Alter. Ein nicht unerheblicher Teil der Bevölkerung hat also zumindest phasenweise einen größeren Bedarf, der gar nicht so leicht durch Lebensmittel zu decken ist.

Empfindliche Vitamine
Hier tut sich das nächste Problem auf. Wohl die wenigsten haben beim Einkauf von Lebensmitteln eine Liste im Kopf, welche Vitamine und Spurenelement worin enthalten sind. Dies allein würde aber auch noch nicht reichen, denn durch falsche Garmethoden oder Lagerungen können diese reduziert werden oder sogar verschwinden. Obst und Gemüse entweder zu lange in oder auch außerhalb der Kühlung zu lagern kann Vitamine reduzieren. Alles in allem eine komplexe Angelegenheit, die schwerlich mit simplen Regeln abgehakt ist.

Viel hilft nicht viel
Ernährungswissenschaftler/innen kennen sich damit aus und auch jede Menge Ratgeber kann man zur Hilfe nehmen. Aber in den Drogeriemärkten stehen nun mal meterlange Regale voll mit Vitaminen von A bis Z, mit Mineralien, Spurenelementen und Enzymen, teilweise untereinander kombiniert, die zu unserem individuellen und täglichen Bedarf passen sollen. Bei der Dosierung legen die Hersteller i. d. R. einen Durchschnittsmann mittleren Alters zugrunde, quasi Otto Normalverbraucher und geht bei den Verzehrempfehlungen von Bedarfswerten aus, die oft sogar unter Fachleuten als strittig oder auch überholt gelten. Unser Stoffwechsel und damit die Verarbeitung von Vitaminen und Mineralien unterliegt aber individuellen Maßgaben.

Schwankender Bedarf
Wer im Büro arbeitet, hat beispielsweise einen ganz anderen Vitamin-D-Bedarf als ein/e Gärtner/in. Und eine alleinerziehende Mutter mit drei Kindern braucht bei ihrem Stresslevel mehr Nervenvitamin B12 als so mancher andere – Ausnahmen bestätigen auch hier die Regel. Nicht zu vergessen sind versteckte Erkrankungen, die für einen erhöhten Bedarf bzw. eine erschwerte Aufnahme sorgen können. Gerade viele chronische Darmerkrankungen gehören in diese Kategorie. Aber auch Stoffwechselbeschwerden wie Diabetes oder Schilddrüsenprobleme verursachen oft einen individuellen Vitaminmangel.

Risiken sind oft unklar
Warnungen vor unkontrollierter Einnahme von Nahrungsergänzungsmitteln sind berechtigt, wenn man bedenkt, dass diese anders als Medikamente nicht kontrolliert werden, weil sie bislang als Lebensmittel gelten. Wer zu viele nimmt, ist quasi selber schuld. Und das gilt auch bei langfristiger Einlagerung in einzelnen Organen wie Leber, Nieren oder Knochen, einer möglichen Überdosierung sowie Wechselwirkungen. Wer regelmäßig Medikamente benötigt, sollte die Einnahme von Nahrungsergänzungsmitteln unbedingt mit dem/der Arzt/Ärztin absprechen.

Beratung tut Not
In Apotheken bekommt man zu Nahrungsergänzungsmitteln die nötige Beratung, auch zur Dosierung, Risikos und Wechselwirkungen. Auf Verdacht oder zur Vorbeugung zu Vitaminpillen zu greifen ist selten ratsam. Besser vorher den Vitamin- und Mineralstoff-Status vom Arzt prüfen lassen. Dann weiß man beim Einkaufen auch, welche Lebensmittel besonders sinnvoll sind und welche u. U. nicht. Und wer auf der sicheren Seite sein will, nimmt sich die Zeit für eine Ernährungsberatung. Grundsätzlich lässt sich eine schlechte unausgewogene Ernährung mit viel Fastfood, industriell verarbeiteten Produkten und zu wenig Obst und Gemüse durch Nahrungsergänzungsmittel nicht ausgleichen.