Wie Long Covid uns alle weiterhin belastet

Noch immer sind viele Menschen durch Long Covid in ihrem Alltag extrem eingeschränkt. Man spricht inzwischen sogar von einer Pandemie nach der Pandemie. Betroffene sind oft weit davon entfernt wieder einer regelmäßigen Arbeit nachgehen zu können. Neue Studien zeigen aber auch anhaltende Probleme jener, die zwar wieder am Arbeitsleben teilnehmen, aber weiterhin an typischen Symptomen wie Brain Fog leiden und deshalb schneller müde oder unkonzentriert sind. Auch Vergesslichkeit sowie eine verlangsamte Informationsverarbeitung gehören zu den Folgeerscheinungen, die den Alltag belasten. Wesentlich für die Ursache dieses hartnäckigen Hirnnebels ist die Störung der Blut-Hirn-Schranke sowie eine eingeschränkte Blutversorgung. Wie sehr sich diese abgeschwächte Form von Long Covid auf unsere Wirtschaft auswirken wird, ist derzeit noch nicht absehbar.

Jede 10. Infektion mit Spätfolgen
Wer 2022 unter Long-Covid litt, war durchschnittlich 237 Tage krankgeschrieben und danach in der Regel noch lange nicht voll belastbar. Hinzukommt eine verstärkte Infektanfälligkeit bei vielen Long-Covid-Patienten, die sich oft eine virale Erkrankung nach der anderen einhandeln – von der Grippe über Streptokokken bis zu RS-Viren. 2023 hatte der allgemeine Krankenstand hierzulande einen Rekordwert erreicht. Mittlerweile schätzt man bei der WHO, dass eine von zehn Infektionen zu Post-Covid führt. Auch deshalb sollte man sich weiterhin vor Covid-19 hüten. Eine Mehrfach-Infektion, die viele bereits hinter sich haben, schützt keinesfalls vor möglichen Langzeitschäden wie körperlichen und kognitiven Beeinträchtigungen. Treffen kann es jeden, auch die schwere Form mit Erschöpfungszuständen wie ME/CFS sowie chronischen Schmerzen.

Weltweit 2,5 Mio. Fälle
Die medizinische Versorgung mit nur wenigen Long-Covid-Zentren entspricht hierzulande noch lange nicht dem echten Bedarf. Und die Politik fährt die zugesagte finanzielle Unterstützung immer weiter zurück, dabei hat der Gesundheitsminister selbst vor Kurzem festgestellt, dass die Zukunft von Long Covid erst begonnen habe. In den USA, in Frankreich und Großbritannien hat man sich schnell und umfassend um Forschung, Anlaufstellen und Informationsplattformen gekümmert. Angesichts der aktuell von der WHO geschätzten Zahl von weltweit rund 2,5 Millionen Long-Covid Betroffenen ist die Dringlichkeit offensichtlich.

Weiterhin Kinder betroffen
Leider trifft Long-Covid auch Kinder und Jugendliche. Seit Herbst 2023 wurde deren Situation in Baden-Württemberg durch Modellprojekte der Universitätskinderkliniken in Freiburg, Heidelberg, Ulm und Tübingen verbessert. Dabei geht es neben der Behandlung auch um wichtige Daten und das Erkennen von Krankheitsmechanismen. Nach wie vor steht die Erforschung von Long Covid am Anfang und gerade die Jüngsten profitieren von einer besseren medizinischen Versorgung und neuen Behandlungsansätzen. Für Kinder ist die Belastung durch Long-Covid wegen der unabsehbaren Dauer und unklaren Therapie besonders schwerwiegend. Allein die schulischen Fehlzeiten wirken oft langfristig nach und auch Depressionen treten häufiger auf.

Studium mit Long-Covid
Ähnlich ist die Situation für junge Erwachsene, die Covid-19 zu Beginn des Studiums erwischt hat. Immer wieder können sie von sogenannten Crashs aus der Bahn geworfen werden, Phasen in den nichts mehr geht. Für einige Stunden lernen, Hausarbeiten vorbereiten und an Seminaren teilnehmen ist oft nur tageweise möglich. Körperliche und geistige Belastungen wirken sich bei Long-Covid ähnlich aus wie bei ME/CFS – dem früheren Fatigue-Syndrom. Selbst ein Teilzeitstudium ist schon eine große Herausforderung. Nur mit Hilfe eines Nachteilsausgleichs für ihre massiven Einschränkungen haben Studierende mit Long-Covid die Chance einen Studien-Abschluss zu schaffen. Wie ein späterer Berufseinstieg unter diesen Bedingungen aussehen soll, ist für viele schwer vorstellbar. Long-Covid rangiert für Arbeitgeber aktuell in derselben Kategorie wie eine Schwerbehinderung.