Lieferengpässe fordern Apotheken weiterhin

Apotheken kämpfen bundesweit mit den Lieferengpässen einiger Hundert Medikamente und dies sowohl bei rezeptpflichtigen, als auch frei verkäuflichen Mitteln. Auch für die Apotheken-Mitarbeiter*innen ist das eine schwer erträgliche Situation, denn schließlich will man den Kunden*innen helfen, vor allem bei wichtigen Medikamenten wie z. B. Antibiotika, Blutdrucksenkern oder Schilddrüsenpräparaten. Im schlimmsten Fall muss man jemanden mit dem Rezept zur Praxis zurückschicken, denn der Rahmen, in dem ein anderes Mittel abgeben werden darf, ist trotz der Lieferprobleme eng gesteckt. Um solche Fälle zu vermeiden, liefern wir z. B. den kooperierenden Kinderarzt-Praxen täglich aktualisierte Listen der gerade verfügbaren Antibiotikasäfte. Für die Beratung in der Apotheke bedeutet dies oft viel Geduld seitens der Kunden sowie Aufklärung unsererseits. Muss man auf einen anderen Wirkstoff oder eine andere Wirkstoffmenge ausweichen, ist die Rücksprache mit der Praxis erforderlich. Auch bei den normalen oralen Antibiotika stimmen wir uns mit den verschreibenden Praxen ab. Wird eine neues Rezept nötig, lassen wir dies meist direkt durch unseren Boten abholen oder es uns per Post schicken.

Ohne Kooperationen geht es nicht
Daneben betreffen die Lieferengpässe leider inzwischen auch Diabetiker. Eigentlich sind ausreichende Mengen der meisten Mittel vorhanden, wären da nicht diverse Promis und Influencer, die plötzlich einen Hype lostreten und Diabetesmittel zum Abnehmen propagieren. Hier tauschen wir uns ebenfalls mit den behandelnden Diabetes-Praxen aus und informieren über die derzeit verfügbaren Präparate. Alle Apotheken sind dabei in diesen schwierigen Zeiten auf die Mithilfe der Praxen angewiesen, was im Umkreis der drei Bären-Apotheken in der Regel gut funktioniert. Das tägliche Faxen aktualisierter Listen gehört mittlerweile schon zum Alltag, um die Kunden*innen nicht mit leeren Händen nach Hause schicken zu müssen. Weder die Apotheken noch die Mediziner*innen sind für die aktuelle Situation verantwortlich, trotzdem müssen wir sie ausbaden.

Täglich ist Verständnis gefragt
Auch das Verständnis der Kunde*innen ist häufig gefragt. Im Einzelfall braucht es Geduld und Flexibilität, wenn man auf alternative Wirkstoffe oder auch nur andere Verpackungsgrößen ausweichen muss, was mitunter zu höheren Zuzahlungen führt. Die Therapie bleibt dabei aber in jedem Fall dieselbe wie verordnet. Auf all die bürokratischen Regelungen und Umwege haben wir leider keinen Einfluss. Auch wir wünschen uns die Zeit zurück, als man für jedes Rezept, einfach das Mittel bekam, das verordnet wurde.

Schwierige Notdienstversorgung
Ähnlich müssen wir mit den Kliniken kooperieren, wenn es darum geht die Kunde*innen während der Notdienstzeiten zu versorgen. Wir versuchen derzeit uns entsprechend vorrausschauend zu bevorraten, auch mit verschreibungspflichtigen Medikamenten. Ist trotzdem ein Mittel bei uns nicht verfügbar, können wir über spezielle interne Telefonnummern die Notfall-Praxen kontaktieren und ein neues Rezept für einen Alternativ-Wirkstoff anfragen. Um all diese schwierigen Situationen im Sinne der Patienten*innen gut zu bewerkstelligen, hat die Bären-Apotheke inzwischen auch das Warenlager erheblich aufgestockt, was in früheren Zeiten völlig unüblich und unnötig war. Doch die Politik und die Lieferproblematik fordern dies derzeit.

Aufklärung bei gefährlichen Wechselwirkungen

Vor allem für chronisch Kranke sowie Senioren steigt die Anzahl der täglich verordneten Medikamente mit zunehmendem Alter an. Schon jetzt nehmen Patienten ab 65 durchschnittlich fünf Präparate täglich ein. Bei den über 75jährigen sind es acht und mehr. Aber nur selten können Patienten*innen auf ausführliche Medikationspläne, inklusive eines Nebenwirkungs- und Interaktionschecks zurückgreifen. Wie dringend nötig diese sind, zeigen aktuelle Zahlen zu Krankenhauseinweisungen aufgrund unerwünschter Arzneimittelwirkungen. Hiervon sterben in deutschen Krankenhäusern rund 25.000 Menschen pro Jahr, deutlich mehr als im Straßenverkehr verunglücken. Ausführliche Beratungen würden diese alarmierende Zahl drastisch reduzieren.

Medikationspläne geben Aufschluss
Gravierende Wechselwirkungen zwischen häufig verschriebenen Mitteln wie Schlafmitteln, Betablockern, Antibiotika, Protonenpumpenhemmern zur Reduzierung der Magensäure sowie Antidepressiva und Neuroleptika mit freiverkäuflichen Präparaten wie Schmerzmitteln und Nahrungsergänzungsmitteln könnten hierdurch leicht geklärt und verhindert werden. Oftmals erfahren Patienten*innen rein zufällig von den täglichen Risiken, die sie eingehen, auch wenn man Tabletten vergisst oder verspätet zusammen mit anderen Mitteln einnimmt. Die Betreuung durch mehrere Praxen macht eine gefahrlose Medikation für den einzelnen nicht einfacher. Im Zweifelsfall ist der Weg zur Apotheke der Kürzere. Auch deshalb stehen diese seit einigen Monaten für eine spezielle Medikationsanalyse bei Polymedikation zur Verfügung. Ziel ist es, die bundeseinheitlichen Medikationspläne umzusetzen und auf den aktuellen Stand zu bringen, um mögliche Neben- und Wechselwirkungen aufzudecken.

Dosis dem Alter anpassen
Bei älteren Patienten*innen geht es häufig um die Höhe der Dosierung, die je nach Alter angepasst werden müsste. Die aktuelle Priscusliste weist zahlreiche Medikamente auf, die im Alter entweder nicht mehr geeignet sind oder in der Dosierung und/oder Einnahmedauer reduziert werden müssten. Vor allem die Veränderung von Wasser- und Fettanteilen sowie der Muskelmasse im Körper wirkt sich auf die Wirkweise und -dauer verschiedener Wirkstoffe aus. Die mit zunehmendem Alter nachlassenden Funktionen von Leber und Nieren machen sich beim Abbau von Medikamenten ebenfalls bemerkbar. Eine entsprechende Medikationsberatung bietet auch die Bären-Apotheke nach Terminvereinbarung an.

Was hat die Maskenpflicht gebracht?

In Pandemiezeiten hat die Frage, wie man mit dem Masketragen umzugehen hat, immer wieder einen Streit entfacht. Noch im Februar 2023, kurz bevor die Maskenpflicht auch im ÖPNV wegfiel, tauchte die alte Diskussion aber wieder auf. Der Anlass war eine neue internationale Analyse aus den USA, die die Wirksamkeit des Mund-Nasen-Schutzes untersuchte. Hier lautete die abschließende Beurteilung, die nicht nur in der rechten und Querdenker-Szene für Aufruhr sorgte: „Das Tragen von Masken in der Öffentlichkeit macht wahrscheinlich wenig oder gar keinen Unterschied zum Ausgang einer grippe-ähnlichen / Covid-19-ähnlichen Erkrankung.“ In den Medien war schnell die Rede von „Einer Klatsche für die Corona-Politik“ und dem „härtesten Schlag“ gegen den Gesundheitsminister. Bereits Karl Lauterbachs Vorgänger Jens Spahn hatte zu Beginn der Pandemie prophezeit, dass wir uns irgendwann einige Entscheidungen zu verzeihen hätten. Aber gehört hierzu wirklich die offiziell verordnete Maskenpflicht im öffentlichen Raum sowie bei Zusammenkünften?

Kein eindeutiges Ergebnis
Das Institut, das für die Analyse zuständig war, gab im Laufe der angestoßenen Diskussion zu, dass die veröffentlichten Ergebnisse weniger eindeutig waren, wie oft dargestellt. Bei den analysierten Untersuchungen ging es eben nicht nur um Covid-19, sondern beispielsweise auch um die SARS-Pandemie vor über 20 Jahren sowie die Schweinegrippe. Es handelte sich um eine sogenannte Meta-Analyse, die 78 ältere Studien zwischen 1980 und 2022 untersuchte. Manche hier verwendeten Studien zeigten sehr wohl die Wirksamkeit des Masketragens, während bei anderen etliche unsichere Faktoren vorlagen. So gab es beispielsweise keine verlässlichen Auskünfte darüber, ob die Masken korrekt getragen wurden und in welchem Zeitraum die Untersuchung stattfand, ob während einer geringen oder einer hohen Viruslast. Im Ganzen kommen Virologen zu dem Schluss, dass die Cochrane-Studie kein eindeutiges Ergebnis zulasse.

Kaum Alternativen zum Schutz vor Viren
Physikalisch gesehen, gelten Masken nach wie vor als sicherster Schutz gegen Atemwegsinfektionen und gehören seit langem zur Standardschutzkleidung in Krankenhäusern. Als Beweis für eine verfehlte Corona-Politik reicht die Cochrane-Analyse bei weitem nicht aus. Die größte Schwäche lag nicht im Tragen der Maske in der Öffentlichkeit, sondern darin, dass sie im privaten Umfeld eben meist nicht getragen wurde. Aber genau hier erfolgten die häufigsten Ansteckungen. Fatal wäre es aus dieser Studie Schlussfolgerungen für kommende neue Epidemien zu ziehen. Atemschutz- und Hygienemaßnahmen werden bei ansteckenden Infektionserkrankungen immer die erste Wahl sein um eine Ausbreitung zu verhindern.

Politisches Unverständnis der Versorgungslücken

Das erwartete Versorgungs-Chaos ab Ostern konnte gerade noch rechtzeitig abgewendet werden. Nachdem Apotheken und der Bundesverband ABDA das Bundesgesundheitsministerium (BMG) mittels offener Briefe wochenlang darauf hinwiesen, dass das Auslaufen der coronabedingten Abgabeerleichterungen ausgerechnet in Zeiten massiver Lieferschwierigkeiten völlig unvertretbar sei und auf dem Rücken von Apotheken und Patienten*innen ausgetragen würden, lenkte das BMG schließlich ein. Mit der aktuellen Übergangsregelung wurde die Frist für einen neuen notwendigen Gesetzentwurf bis zum 31.7.23 verlängert. Und dies gegen den Protest der Krankenkassenverbände, denen die vereinfachte Abgaberegelung ein Dorn im Auge ist. Dabei haben die Apotheken in den letzten drei Jahren bewiesen, dass sie mit dem zusätzlichen Spielraum verantwortungsvoll umgehen konnten – und zwar im Sinne der Patienten*innen und der Kosten.

Aufklärung statt Panikmache
Die Krankenkassen warnen den Apothekenverband vor Panikmache, dabei sind es die Apothekenmitarbeiter*innen, die die Kunden tagtäglich beruhigen müssen, wenn ein wichtiges Medikament nicht verfügbar ist. Viele Apotheken haben sich bereitgefunden Fiebersäfte- und Zäpfchen wieder selbst herzustellen, um die Situation zumindest bei den Kindern zu entspannen. Zulange haben die Verantwortlichen in den Ministerien und Verbänden es allein den Apotheken überlassen immer wieder das Unmögliche möglich zu machen. Angesichts weiterer Apothekenschließungen sollten endlich mehr Verständnis aufgebracht und die richtigen Schritte eingeleitet werden.

Engagement wird bestraft
Das Gesetz, das jetzt auf den Weg gebracht werden soll und im Entwurf bereits vorliegt, stellt leider das Gegenteil dar. Weder werden sich die Herstellungs- und Lieferprobleme so mittelfristig lösen lassen, noch werden die Vergütungslücken auf Apothekenseite geschlossen oder auch nur der Inflationsausgleich ins Visier genommen. Es sollen nur weitere bürokratische Hürden aufgebaut und die Spielräume der letzten Jahre vollständig beschnitten werden. Schließlich ist die Pandemie ja beendet und somit werden die Uhren wieder zurückgedreht. Das ganze Engagement während der schwierigen Coronajahre wird somit weder belohnt noch wertgeschätzt.

Unnötige Beschränkungen
Worüber hier eigentlich gestritten wird, ist in den Augen der meisten Patienten*innen vermutlich eine Lappalie, denn ein wirkstoffgleiches Präparat oder eine andere Packungsgröße abzugeben, gehört inzwischen zum Apothekenstandard. In solchen aktuell sehr häufigen Fällen jedes Mal die verordnende Praxis zu kontaktieren oder den Patienten hierhin zurückzuschicken um ein neues Rezept ausstellen zu lassen, wäre für alle Beteiligten unzumutbar und von den Praxen auch nicht gewünscht. In den Augen der Politik sieht das leider anders aus. Deshalb ist es zwingend nötig darüber zu informieren, worum sich dies unsägliche Auseinandersetzung eigentlich dreht.

Apothekenstreiks drohten
Auf der einen Seite geht es um die Kosten, andererseits aber um Zuständigkeiten und die Angst das Zepter zu weit aus der Hand zu geben. Wäre es nicht kurzfristig zu einer Übergangslösung gekommen, hätten in vielen Apotheken erstmals flächendeckende Streiks stattgefunden. Die Bereitschaft auf Seiten der Apotheken hierzu war jedenfalls groß. Bleibt zu hoffen, dass sich die Situation Ende Juli zum Beginn der Sommerferien und dem Ablauf der Übergangsregelung nicht wieder zuspitzt. Der Ball liegt jetzt beim Gesundheitsminister, der seit Jahresbeginn das Gespräch mit dem Apothekerverband verweigert und stattdessen eine „Entspannung der Versorgungslage“ verkündet, trotz der realen Situation. Viele Apotheken haben ihre Abgeordneten bereits eingeladen, einen Tag mit ihnen in der Apotheke zu verbringen – am besten inkl. einer Notdienstnacht, um diese Lage leibhaftig nachvollziehen zu können. In manchen Landkreisen werden die Abgeordneten allerdings hierfür schon eine längere Anfahrt in Kauf nehmen müssen.

Das E-Rezept lässt auf sich warten

Schon im September letzten Jahres mussten die Apotheken alles für eine reibungslose Einführung des neuen E-Rezeptes vorbereitet haben. Doch bislang kommen nur sehr wenige E-Rezepte bei uns an, denn es wird in den Arztpraxen meist noch die alte Papierversion bevorzugt. Die technische Ausstattung und nötige Verbindungen liegen oft nicht vor. Bisher sind nur kann 5000 Praxen bundesweit angeschlossen und für den weiteren Ausbau gibt es derzeit keinen Zeitplan. Ohne diesen und ohne entsprechenden Druck in Form einer Verpflichtung wird die Digitalisierung im Gesundheitswesen nur schleppend vorankommen.

Per App oder QR-Code einlös
en
Für Patienten bedeutet das E-Rezept statt der Papierversion das Rezept als QR-Code via App auf dem Smartphone oder wenn dies nicht zur Verfügung steht, auf einem Ausdruck ausgehändigt zu bekommen. Ab Sommer 2023 soll das Einlösen auch über die elektronischen Gesundheitskarten der Krankenkassen möglich sein. Alle Apotheken sind seit September 2022 verpflichtet E-Rezepte anzunehmen. Zusammen mit der elektronischen Gesundheitsakte, die ebenfalls schon seit letztem Jahr zur Verfügung steht, würde so nicht nur die Abwicklung für die Krankenkassen, Praxen und Apotheken vereinfacht, sondern es würde Patienten, die dauerhaft viele Medikamente einnehmen, die Medikation erheblich erleichtern und absichern.

Risiken von Vielfach-Medikation senken
Bei der Polymedikation eines Patienten durch mehrere Praxen, die unabhängig voneinander Medikamente verordnen, hat man nur schwer den Überblick, so dass Risiken wie Wechselwirkungen oft gar nicht oder erst spät erkannt werden. Auch die frei verkäuflichen Mittel bilden ein zusätzliches oft unterschätztes Risiko. Selbst wenn es nicht gleich zu Todesfällen kommt, kann man durch einen zentralen Zugriff auf die komplette Medikation erkennen, welche Mittel unnötig wären oder besser durch Alternativen ersetzt würden. Die Bären-Apotheke bietet schon seit langem eine Medikationsberatung an. Auch für die Behandlung im Krankenhaus und besonders für Notfälle wäre dieser Zugriff von Vorteil. Laut dem neuesten Arzneimittelreport der Barmer könnten mit einer effizienten Digitalisierung jedes Jahr rund 70.000 Todesfälle vermieden werden. Polypharmazie-Patienten machen bei der Barmer ca. 10 Prozent aller Versicherten aus.

Long Covid wird nur langsam entschlüsselt

Die Corona-Infektionszahlen sind seit Anfang des Jahres weiter niedrig und die Verläufe in der Regel eher unauffällig. Somit rutscht das Thema für viele weiter in den Hintergrund. Nicht so aber für jene, die nach einer oftmals milden Erkrankung noch wochenlang oder viele Monate unter Long- bzw. Post-Covid leiden. Jeder Tag ist eine Herausforderung und dies ist umso schlimmer, je weniger sich die Öffentlichkeit hierfür interessiert. Häufig sind die zahlreichen Beschwerden als „psychosomatisch“, also als nicht vollständig erklärbar, eingestuft. Zumindest findet man immer mehr Long- und Post-Covid-Ambulanzen diverser Uni- und Spezialkliniken, aber mit teilweise langen Wartelisten und der Bedarf wächst weiter. Ein großer Teil der Post-Covid-Betroffenen ist aber gesundheitlich so stark eingeschränkt, dass sie kaum. den gewohnten Alltag meistern oder arbeiten können. Statistisch verschwinden die Symptome bei etwa Zwei-Drittel aller Fälle nach rund drei Monaten.

Mutationen verändern BeschwerdenDie weltweit verfügbaren Studien zu Long-Covid beziehen sich i. d. R. nur auf bestimmte Virusvarianten aus den Anfängen der Pandemie. Im Vergleich zur Delta-Variante traten durch Omikron weniger Lang-Covid-Fälle auf. Während sich die Symptome im Laufe der Zeit durch die Virusvarianten veränderten, hatten die Impfungen hierauf kaum einen sichtbaren Einfluss. Und auch die Art der Beschwerden ist abhängig von den verschiedenen Mutationen. Die Berliner Charité hat im November 2022 eine erste klinische Studie zu Post Covid gestartet. Inzwischen werden hierfür zunehmend öffentliche Gelder bereitgestellt. Denn es ist klar, dass das Gesundheitssystem noch lange von Long-Covid bzw. Post-Covid belastet sein wird. Bei der Anzahl der Betroffenen geht man derzeit von rund 10 Prozent aller Infizierten aus. Genaue Zahlen gibt es derzeit weltweit kaum.

Jeden kann es treffen
Zu den typischen Symptomen der Erkrankung gehören erhöhter Puls, Haarausfall, Müdigkeit, Brustschmerzen, Kurzatmigkeit, Gelenk- und Muskelschmerzen, Schlafstörungen, Geschmacksverlust sowie Konzentrations- und Gedächtnisprobleme. Darüber hinaus wurden aber mittlerweile an die 200 Symptome erfasst, die nach der Infektion auftreten können. Viele dieser Beschwerden nehmen im Laufe der Zeit ab und nicht alle sind immer behandlungsbedürftig. Für eine effektive Behandlung sind auch bestimmte Symptom-Konstellationen von Bedeutung. Von Long-Covid bzw. Post-Covid sind sämtliche Altersgruppen betroffen, Frauen aber häufiger als Männer unabhängig von der Schwere der Corona-Infektion. Nicht selten erwischt es sogar Menschen, die sich unbemerkt infizierten und bei denen erst später Antikörper nachgewiesen wurden. Bei vielen nehmen die Beschwerden nach rund einem Jahr spürbar ab. Eine gewisse Häufung tritt bei Patienten auf, die mehrfach infiziert und/oder mehrfach geimpft sind ebenso wie bei denen, die in Kliniken behandelt werden mussten.

Häufiges Fatigue-Syndrom
Neben einem in der Masse eher uneinheitlichen Krankheitsbild, bildet sich eine relativ oft auftretende Ähnlichkeit mit dem Chronischen Fatigue-Syndrom heraus, in der Fachsprache ME/CFS genannt. Diese seit vielen Jahren in unterschiedlichen Facetten und Schweregraden bekannte Erkrankung bekommt dadurch nun mehr Aufmerksamkeit und mehr Forschungsgelder. Ähnlich wie bei Long-Covid kommt es auch hier bei körperlicher oder geistiger Belastung zu einer Verschlechterung der Beschwerden. Geschätzt 10 bis 20 Prozent aller Post-Covid-Patienten, die länger als 3 Monate nach der Infektion noch nicht völlig genesen sind, leiden an einer Form des ME/CFS. Nur ein sehr vorsichtiges Steigern der Anforderungen ist hier möglich, da bei einer Belastungsintoleranz sonst eine weitere Verschlechterung der Symptome eintritt.

Individuelle BehandlungsformenDeshalb gibt es momentan nicht die eine Therapie, die allen hilft, sondern nur eine sehr individuell angepasste Behandlung aller Symptome durch Atemtherapie, Physiotherapie, Ergotherapie und mitunter auch Logopädie. In manchen Fällen hilft auch eine Art Blutwäsche, die HELP-Apherese, um versteckte Virusteile aus dem Körper zu entfernen. Einen neuen Patienten-Leitfaden zum Long/Post-Covid-Syndrom gibt es seit Februar 2023 von der Deutschen Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin:  https://register.awmf.org/assets/guidelines/020-027p_S1_Post_COVID_Long_COVID_2023-02.pdf

Wie es mit dem TIZ Herrenberg weitergeht

Die Corona-Pandemie geht zu Ende und die meisten Test- und Impfzentren schließen nach und nach die Pforten. Unser TIZ in Herrenberg am Hasenplatz in der Nähe der Bären-Apotheke, wurde bereits im Frühjahr 2021 eröffnet. Mit einem festen Team und immer wieder erweiterten Angeboten wie PCR- und Antigentests hat es sich in der Region gut etabliert. Neben den wichtigen Corona-Schnelltests konnten wir mit Hilfe von DRK und kooperierenden Ärzten/innen sehr früh Impfungen gegen Covid-19 anbieten. Unsere 10.000. Corona-Impfkundin freute sich bereits im März 2022 über eine kleine Überraschung. Termine für Corona- und Grippe-Impfungen sind online buchbar über mein.impfomizer.de. Das TIZ wurde auch wegen der Online-Terminvergabe so gut angenommen. Wartezeiten wurden so auf ein Minimum reduziert. Das Gleiche galt für Testtermine, deren Ergebnis man außerdem via App aufs Handy bekommt. Testen und Impfen wurde so zeitlich kalkulierbar und brauchte keine unnötige Vorlaufzeiten.

Zum Herbst neue Impfungen
Testtermine gibt es noch bis Ende Februar online über https://www.corona-schnelltest-gaeu.de. Die Kosten für das Freitesten nach einer Isolation muss man bereits selber tragen und ab März fällt auch der allgemeine Anspruch auf kostenlose präventive Bürgertests weg. Nur wer sich mit Corona-Symptomen ärztlich behandeln lässt, kann dann weiterhin die Kosten hierfür über die Krankenkasse abrechnen lassen. Die saisonalen Grippeimpfungen werden wir zum Herbst 2023 über das TIZ wieder anbieten. Auch die Booster- und Erstimpfungen gegen Covid-19 müssen wahrscheinlich eine Pause einlegen, bis ein neuer Impfstoff angepasst an die aktuellen Mutationen vorliegt.

Impfung oder Antikörperspritze gegen RS-Virus

Das RS-Virus (Respiratorisches Synzytial Virus) gehört zu den häufigsten aber auch sehr gefürchteten Infekten der unteren Atemwege bei Säuglingen und Kleinkindern. Es endet nicht selten in einer Lungenentzündung und mitunter sogar auf der Intensivstation. Von November bis März sind immer wieder Intensivbetten aufgrund schwerer Verläufe mit RSV-Patienten belegt. Neben den kleinen Patienten bis zu zwei Jahren trifft es aber auch Senioren. In beiden Patientengruppen ist das schwache Immunsystem das Hauptproblem, das die Erkrankung mitunter sogar tödlich enden lässt. Bislang gibt es noch keinen zugelassenen, aber einige in der Entwicklung befindlichen Impfstoffe. Ein Prophylaxe-Medikament ist derzeit nur für Frühchen und Kinder mit Vorerkrankungen verfügbar.

Impfung für Senioren ab 60
Einige Pharmahersteller sind schon seit längerem mit der Entwicklung bzw. Erprobung eines RSV-Impfstoffs beschäftigt. Alle richten sich an Senioren über 60 Jahren oder Schwangere. Ähnlich wie gegen Covid-19 werden hier derzeit sowohl proteinbasierte Impfstoffe als auch Vektorimpfstoffe und mRNA-Impfstoffe entwickelt. Bereits im Zulassungsverfahren ist seit Oktober 2022 der proteinbasierte Impfstoff von GSK (GlaxoSmithKline) für Senioren ab 60. Zwei weitere Impfstoffe von Moderna (mRNA) und Janssen (Vektor), ebenfalls für Personen ab 60 bzw. 65 Jahren, sind aktuell in der letzten (III.) Testphase.

Umweg über die Mütter
Alle Impfstoffe für den Schutz von Säuglingen gehen den Weg über die schwangeren Mütter, damit diese die entwickelten Antikörper an die Babys weitergeben. Auch der proteinbasierte Impfstoff für Schwangere von GSK ist bereits in der letzten Testphase. Ähnlich sieht es bei den Herstellen Novavax und Pfizer (beide proteinbasiert) aus. Alle Hersteller berichten in den veröffentlichten Studien von nur leichten bis mittelschweren Impfnebenwirkungen wie Schmerzen an der Injektionsstelle, Müdigkeit, Kopf- und vereinzelten Muskelschmerzen.

Alternative Antikörperspritze
Daneben existiert aber seit einiger Zeit eine monatliche Antikörper-Behandlung für besonders gefährdete Frühgeborene, Babys und Kleinkinder, die monatlich als Injektion verabreicht wird. Durch die Antikörperspritze wird eine Infektion zwar nicht völlig ausgeschlossen, das Risiko eines schweren Verlaufs mit Intensivbehandlung aber reduziert. Frühchen, die zwischen November und April aus dem Krankenhaus entlassen werden, haben das Immunglobulin meist schon bekommen und werden anschließend entsprechend weiterbehandelt. Die Krankenkassen übernehmen i. d. R. diese Behandlung für die Dauer von 5 Monaten. Zugelassen, aber in Deutschland noch nicht eingeführt, ist eine Einmalinjektion von Sanofi und AstraZeneca, eines weiteren monoklonalen Antikörpers für Kinder und Säuglinge.

Neue Coronavariante XBB.1.5 – auch Krake genannt

Seit Jahresanfang ist die neue Omikron-Subvariante XBB.1.5 in Deutschland und allgemein in Europa angekommen. Ihre Ausbreitung beobachten Virologen im Nordosten der USA schon seit Oktober 22 mit unterschiedlich großer Sorge. Bis zum Jahreswechsel machte sie 75 Prozent aller erfassten Corona-Infektionen aus und die WHO hat XBB.1.5 inzwischen als die bisher ansteckendste Subvariante identifiziert. Trotzdem weisen viele Virologen daraufhin, dass weitere Varianten zu erwarten waren und dies zur normalen Entwicklung eines Virus gehöre. Nur wenige warnen wegen der hohen Ansteckungsgefahr hierzulande vor einer möglichen neuen Welle. Diese bedeute aber nicht automatisch, dass XBB.1.5 auch gefährlicher sein muss. Eindeutig scheint ihre Dominanz, mit der sie die älteren Virusvarianten verdrängen wird. Allein aufgrund ihrer rasanten Ausbreitung bekam sie in den USA den Spitznamen „Krake“.

Keine Panik aber Vorsicht
Die größte Gefahr steckt, wie in den letzten Vorläufern, in einer möglichen massiven Ausbreitung, die sich auf die medizinische und öffentliche Versorgung auswirken könnte. Also auch bei XBB.1.5 ist Panik unangemessen, da schwere Verläufe eher selten auftreten. Allerdings vermeldet New York seit der neuen Variante wieder so viele Krankenhauseinlieferungen wie seit einem Jahr nicht mehr. Vor allem ältere Menschen sind hier betroffen. Die nötige Vorsicht und Wachsamkeit sollte man deshalb im Interesse aller auch bei uns nicht einfach über Bord werfen. Die angepassten bivalenten Boosterimpfstoffe von Moderna und Biontech können auch XBB.1.5 abwehren, selbt wenn sie nicht perfekt auf das mutierte Spikeprotein passen. Ob wir vom Stadium der Pandemie nun endgültig in der Endemie angekommen sind, kann derzeit niemand mit Sicherheit sagen und dieser Zeitpunkt lässt sich vermutlich erst rückblickend festlegen.

Wer Corona-Medikamente bekommen sollte!

Anfang 2022 bestellte die Bunderegierung nach der entsprechenden Zulassung eine Millionen Dosen des Coronamittels Paxlovid. Hiervon wurde gut die Hälfte an den Großhandel geliefert. Bis Ende September 2022 sind aber nur rund 70.000 Packungen über öffentliche Apotheken abgegeben worden. Gesundheitsminister Lauterbach rief deshalb die Praxen zur verstärkten Verordnung auf, schließlich läuft das Verfallsdatum im Februar 2023 ab. Die Abgabe durch die Hausärzte stieg seither leicht an. Weshalb geht man aber hiermit noch immer so zögerlich um? Gedacht war das Mittel vor allem für Risikopatienten sowie ungeimpfte und ältere Menschen mit höherer Wahrscheinlichkeit für einen schweren Krankheitsverlauf. Für Jüngere, die zu keiner Risikogruppe gehören, war das Coronamittel nicht indiziert. Alle derzeit verfügbaren Coronamittel müssen außerdem sehr früh innerhalb von 5 Tagen nach Beginn einer Infektion eingenommen werden und die Erkrankten dürfen nur leichte Symptome aufweisen.

Was dagegen spricht
Ein weiteres Problem liegt in dem Risiko möglicher Gegenanzeigen und Wechselwirkungen mit anderen Medikamenten. Diese wurden in der Kürze der Zeit bis zur Zulassung nicht ausreichend geprüft. Bekannt ist, dass eine Einnahme bei Leber- und Nierenproblemen zu riskant sei. Problematisch ist auch die Paralleleinnahme von Blutdrucksenkern, Gerinnungshemmern, Beta-Blockern und Antiepileptika. Die Liste umfasst u. A. auch Antibiotika, Immunsuppressiva, Schmerzmittel wie Tramadol und Codein sowie Antidepressiva. Während der Einnahme von Paxlovid sollte man mit diesen Mitteln also besser pausieren. Zu den allgemeinen und häufigsten Nebenwirkungen gehören Geschmacksstörungen, Durchfall, Erbrechen und Kopfschmerzen.

Mitunter mit Rebound-Effekt
Diese Problematik führt dazu, dass Ärzte/innen bei der Verordnung von Paxlovid sehr vorsichtig sind. Es fällt allerdings auf, dass bei Personen des öffentlichen Lebens wie z. B. Politikern, offensichtlich häufig Coronamittel zum Einsatz kommen und diese oft wenige Tage nach einer Infektion bereits genesen sind. Inzwischen wird auch erforscht, ob das Risiko von Long-Covid durch Paxlovid reduziert wird. Erste Studien aus den USA legen dies nahe. Die Ergebnisse müssen aber noch durch weitere Studien bestätigt werden. Hinzukommt aber auch ein öfter auftretender Rebound-Effekt bei Patienten, die Paxlovid eingenommen haben. Bei etwa sechs Prozent treten nach der Genesung erneut Symptome sowie ein positives Testergebnis auf. Betroffen war hiervon auch der US-Präsident Joe Biden.