Riskante Einschlafhilfen mit Melatonin

Bei leichten Schlafstörungen wird als Alternative zu verschreibungspflichtigen Schlaftabletten immer öfter zu Melatonin gegriffen. Dabei werden die Sprays, Kapseln, Tropfen oder Weichgummis nicht nur in Apotheken, sondern ebenso in Drogeriemärkten oder übers Internet gekauft. Möglich ist dies, weil zahlreiche Melatoninprodukte als Nahrungsergänzungsmittel (NEM) eingestuft sind und nicht als Arzneimittel. Höher dosierte Melatonintabletten sind verschreibungspflichtig. Niedrigdosierte Produkte gelten dagegen als NEM. Recht großzügig verfahren manche Hersteller mit den Dosierungsempfehlungen. Dabei handelt es sich bei Melatonin um ein wichtiges Hormon, das unseren Schlafrhythmus steuert. Dunkelheit regt seine Produktion an und wir werden müde. Nimmt man jedoch zu viel, kann genau dieser Rhythmus durcheinandergeraten, z. B. wenn man es immer zu unterschiedlichen Zeiten einnimmt.

Unbekannte langfristige Folgen
Auch wenn es nicht abhängig machen soll: Die Folgen einer langfristigen Einnahme sind derzeit noch unbekannt, vor allem für Kinder. Studien zeigen, dass Eltern den Kleinen immer häufiger die vermeintlich harmlosen Einschlafhilfen mit Melatonin geben, anstatt nach den Ursachen einer Schlafstörung zu suchen. Bei Jugendlichen hat das Hormon Melatonin Einfluss auf Wachstum und Hormonstatus, dessen langfristige Folgen derzeit unbekannt sind. Man sollte grundsätzlich mit Melatoninprodukten, die als Nahrungsergänzungsmittel deklariert sind, vorsichtig sein und bei anhaltenden Schlafproblemen ärztlichen Rat suchen. Das Bundesamt für Risikobewertung warnt vor allem Schwangere, Stillende, Jugendliche und Kinder vor einer langfristigen Einnahme. Aber auch gesunde Erwachsene sollten die möglichen Risiken bedenken.

Risiko Dosierung
Bei vielen Nicht-Apotheken-Produkten übersteigt die empfohlene Tagesdosis die übliche Dosierung melatoninhaltiger Arzneimittel. Die Folgen sind u. A. Tagesmüdigkeit, eine verlängerte Reaktionszeit, die das Unfallrisiko erhöht sowie Kopfschmerzen, Blutdruckabfall und Gangunsicherheit. Außerdem kann es den Blutzuckerspiegel erhöhen, problematisch vor allem für Typ-2-Diabetiker. Auch Übelkeit, Bauchschmerzen und Durchfall können auftreten. Vorsicht ist besonders bei der Kombination mit Mitteln gegen Bluthochdruck geboten. Wichtig ist es, den Einnahmezeitpunkt und die Dosierung zu beachten. Viele Produkte zur Selbstmedikation enthalten zu hohe Dosen von mehreren Milligramm, obwohl ein leichteres Einschlafen i. d. R. schon mit 0,5 Milligramm erreicht würde.

Einschlafzeitpunkt verschieben
Gegen einen Jetlag oder bei Schichtarbeit kann die Einnahme von Melatonin den Einschlafzeitpunkt kurzfristig verschieben und so die Umstellung erleichtern. Insgesamt sind die Eingriffe erheblich komplexer als dies in der Werbung für Melatoninprodukte suggeriert wird. Oftmals sind bei Schlafstörungen vor allem langfristige Verhaltensänderungen nötig. Melatonin sollte in keinem Fall eine Dauerlösung sein.

Von vergessenen und verschwundenen E-Rezepten

Seit neun Monaten wird das E-Rezept nun verpflichtend für Kassenpatienten in Arztpraxen ausgestellt und von den Apotheken meist über die elektronische Gesundheitskarte ausgelesen. Nach den bekannten Anlaufschwierigkeiten, insbesondere unerwünschten Zeitverzögerungen und Wartezeiten, ist es inzwischen um das E-Rezept ruhiger geworden. Trotz allem bietet es für die Apotheken immer wieder neue Herausforderungen. Wenig hört man beispielsweise über gelöschte Rezepte, die technisch offenbar verschwunden sind, obwohl die behandelnde Praxis sicher ist, sie ausgestellt zu haben. Auch wenn der Unmut dann oft an den Apotheken hängen bleibt, ein neues Rezept kann nur die Praxis ausstellen.

Oft einfach vergessen
Häufig entdeckt man auf den Elektronischen Gesundheitskarten auch längst eingelöste Rezepte, die sich eigentlich 100 Tage nach der Einlösung automatisch selbst löschen sollten. Gravierender als diese sind allerdings Rezepte, die schlicht auf der Karte vergessen wurden und 28 Tage nach Ausstellung ungültig werden. Nicht selten hat der/die Patient/in keinen Überblick, was verordnet wurde oder vergisst einfach, dass auf seiner Karte noch ein nicht eingereichtes Rezept gespeichert ist. Mit dem Card-Link-Verfahren (z. B. von gesund.de) kann man jetzt mit dem Handy seine Gesundheitskarte selbst auslesen und so vergessene Rezepte rechtzeitig entdecken.

Gelöscht ist gelöscht
Will man Rezepte dauerhaft aufbewahren, sollte man die Daten auf der Elektronischen Patientenakte (ePA) speichern, die derzeit aber noch wenig verbreitet ist. Verfügt man nicht über die Card-Link-App, sollte man uns bitten nachzusehen, ob die eG-Karte noch Rezepte enthält, die man einlösen oder löschen möchte. Oft weisen wir aber auch die Kunden/innen auf diese direkt hin und fragen nach. Wird ein Rezept allerdings von Patienten aus Versehen gelöscht, können wir i. d. R. nicht helfen. Dann muss die Praxis ein neues Rezept ausstellen.

Was hilft gegen Liebeskummer?

Wohl jeder hatte ihn schon und kaum ein Gefühl ist so gefürchtet. Ob mit 16 oder mit 60, Liebeskummer schafft es garantiert uns emotional aus der Bahn zu werfen. Verantwortlich dafür sind im Grunde die Hormone, die in Sachen Liebe verrücktspielen – mal himmelhoch-jauchzend oder eben auch zu-Tode-betrübt. Der typische Trennungsschmerz ist vergleichbar mit einem Verlustschmerz nebst entsprechend notwendiger Trauerarbeit. Aber auch von einer unerwiderten großen Liebe muss man sich entsprechend verabschieden, um wieder positiv nach vorne zu schauen. Das Motto heißt: Loslassen, nicht nur emotional, sondern auch praktisch im Alltag. Sich verabschieden von Vertrautem und Gewohnten sowie oftmals für die Zukunft Geplantem. Das Leben umgestalten oder einen Neustart wagen. Das verunsichert, kann Angst machen und lässt so manchen in eine Depression rutschen. Wenn der Kummer zulange das Gedankenkarussell bestimmt und auch nach Monaten noch kein Licht am Ende des Tunnels sichtbar wird, ist professionelle therapeutische Hilfe gefragt.

Vielfältige körperliche Symptome

Manche Therapeuten vergleichen ihn aufgrund der körperlichen Symptome sogar mit einer posttraumatischen Belastungsstörung. Sie reichen von Unwohlsein, Übelkeit und Magenschmerzen über Schlafstörungen, Appetit- und Antriebslosigkeit bis zu Schwindel, Atemnot, Herzproblemen und Panikattacken. Als Folge von Liebeskummer kann sich letztlich das sogenannte Broken-Heart-Syndrom entwickeln, das einem Herzinfarkt sehr ähnlich ist. Doch es gibt noch ganz andere Parallelen. Neurowissenschaftler haben herausgefunden, dass bei Liebeskummer dieselben Hirnregionen aktiv sind wie bei Drogenabhängigen auf Entzug. Der Begriff Liebeskummer scheint angesichts der möglichen gesundheitlichen Probleme eher eine Verharmlosung. Wie aber kann man sich selber helfen? Wer anfangs Rotz und Wasser heult, gibt dem Körper die Chance zum wichtigen Stressabbau.

Hormone im Ausnahmezustand
Eine gute Resilienz hilft schneller aus dem Tal der Tränen wieder heraus und regt die Produktion fehlender Hormone wie Dopamin und Serotonin an. Mit Freunden*innen reden hilft ebenso wie Sport machen und aktives Ablenken, sich auf Sudoku konzentrieren, ein Musikinstrument oder eine neue Sprache erlernen. Etwas tun, was man schon lange ausprobieren oder wieder neu entdecken wollte. Wer das schafft, hat die schlimmste Phase hinter sich und orientiert sich nach vorne statt Vergangenem nachzutrauern. Dabei kann eine Auflistung all der Eigenschaften helfen, die man am anderen schon immer gehasst hat. Abschließend am besten den Zettel vernichten. Regelmäßige Bewegung hilft vor allem den schwankenden Hormonen, die einen immer wieder runterziehen können.

Notwendige Trauerarbeit
Und ganz im Gegensatz zu Schmerztabletten, die -kein Scherz- mitunter empfohlen werden, zeigt eine neue Studie, dass bei schweren Formen von Liebeskummer eine elektrische Hirnstimulation helfen kann. Beim maximalen Liebestrauma-Syndrom, das bis zum Verlust des Selbstwertgefühls und der Tendenz zum Stalken führen kann, wäre die Elektrotherapie laut einer aktuellen Studie eine sinnvolle Ergänzung zur reinen Verhaltenstherapie, die nicht bei jedem/r Patienten/in greift. Statistisch gesehen dauert laut einer Studie von 2021 Liebeskummer durchschnittlich rund 12 Monate, bei Männern häufig ein paar Wochen länger als bei Frauen. Geben wir also den Emotionen und Hormonen die Zeit, die sie brauchen um sich wieder zu stabilisieren.  

Gesundes-Herz-Gesetz – mehr Prävention in der Apotheke?

Die Sterblichkeitsrate durch Herzinfarkte und Schlaganfälle ist hierzulande höher als in den meisten anderen westlichen Industrienationen. Ihr Anteil liegt bei 40 Prozent aller Sterbefälle. Neben einem flächendeckend verbesserten Rettungsdienst, der Betroffene schneller erreicht, geht es dem Bundesgesundheitsminister auch um eine bessere Prävention damit Risikopatienten*innen früher erkannt werden. Laut dem geplanten „Gesundes-Herz-Gesetz“ sollen dabei neben Hauarztpraxen vor allem Apotheken mit im Boot sein. Das Gesetz sieht regelmäßige Herz-Checks im Kindes- und Jugendalter sowie mit 25, 35 und 50 Jahren vor. Um spätere Gefäßverschlüsse zu verhindern, sollen frühzeitig Fettstoffwechselstörungen und Arteriosklerose identifiziert und behandelt werden. Das neue Gesetz ist für Mitte 2025 geplant und sieht die Früherkennung erhöhter Cholesterinwerte vor. So soll u. a. eine familiär bedingte Hypercholesterinämie aufgedeckt werden. Der Check-up soll dann neben der Hausarztpraxis auch in der Apotheke als zusätzliche pharmazeutische Dienstleistung möglich sein und dokumentiert werden. In diesem Zusammenhang sollen hier auch ergänzende Beratungsmöglichkeiten z. B. zur Rauchentwöhnung angeboten werden. Wir werden Sie hierüber rechtzeitig informieren.

Gefährliches Grippe-Virus und neue Covid-Welle

Viele hüten trotz sommerlicher Temperaturen mit Fieber und Erkältung das Bett. Schon seit Mai verzeichnen Gesundheitsbehörden einen allgemeinen Anstieg an Atemwegsinfekten. Unter den Millionen von Erkrankungen ist derzeit auch Covid-19 stark vertreten – mit steigender Tendenz, belegbar durch die Viruslast der bundesweiten Abwasseranalysen. Auch in den Hausarztpraxen herrscht zunehmend Betrieb. Mediziner**innen beobachten das Virusgeschehen hierzulande aber noch gelassen. Von gefährlichen neuen Corona-Mutationen ist derzeit nicht die Rede. Mehr Sorge bereitet den Infektiologen seit dem Frühjahr die Ausbreitung einer neuen Vogelgrippe-Mutation in den USA. Hier tritt sie inzwischen vermehrt unter Säugetieren, insbesondere Rindern auf und es ist denkbar, dass sie auch von Mensch zu Mensch übertragen werden könnte. Das H5N1 Virus ist dem typischen Grippe-Virus sehr ähnlich.

Vogelgrippe-Mutation in den USA
In den USA wurden bereits einzelne Menschen mit dem Vogelgrippe-Virus infiziert. Solche Infektionen sind zwar selten, haben aber durch das häufige Auftreten von Lungenentzündungen oft einen schweren Verlauf. Neue Impfstoffe auf mRNA-Basis sind bereits in der klinischen Erprobung. Auch Kühe sollen bald geimpft werden, da sie in direktem Kontakt zum Menschen stehen. In Finnland werden Personen, die auf Pelztier- und Geflügelfarmen arbeiten oder mit der Entsorgung kranker Tiere zu tun haben, bereits gegen H5N1 geimpft. In Deutschland wurde das Virus, im Gegensatz zu den USA, bisher weder in Kühen noch in der Milch identifiziert. Die WHO ist jedoch alarmiert und Experten warnen: Es sei nicht die Frage ob eine neue Grippe-Pandemie komme, sondern lediglich wann. Entsprechend könnte man den aktuellen Grippe-Impfstoff falls nötig schnell an das Vogelgrippe-Virus anpassen. Zur Erinnerung: spätestens ab Oktober sind sowohl Grippe- als auch Covid-Impfungen in der Bären-Apotheke Herrenberg wieder möglich.

Tücken der Cannabis-Legalisierung

Schnell war klar, dass die Cannabis-Freigabe für den privaten Gebrauch nicht in allen Bereichen ganz einfach umzusetzen ist. Wo liegen gesundheitliche Risiken und wie lassen sie sich umgehen? Selten findet man hier eindeutige Antworten. Nicht zuletzt da sich die Bären-Apotheke seit Langem um Patienten kümmert, die medizinischen Cannabis benötigen – der allerdings anderen Regeln unterliegt, ist uns das Thema wichtig. Wann darf man sich beispielsweise nach dem Cannabis-Konsum wieder ans Steuer eines Fahrzeugs setzen?  Aktuelle Tests zeigen, dass dies später als gedacht der Fall ist. Die Grenzwerte sind bekannt, aber wann diese erreicht sind, ist für den Einzelnen schwer einzuschätzen.

24 Stunden nicht ans Steuer
Ähnlich wie beim Alkohol liegen hier die Selbsteinschätzung und die reale Fahrtüchtigkeit weit auseinander. Auch wenn die THC-Konzentration im Einzelfall schon unterhalb des Grenzwertes liegt, kann diese noch stark eingeschränkt sein. Erst rund 20 Stunden nach dem Konsum waren die Probanden wieder in der Lage risikolos am Straßenverkehr teilzunehmen. Der ADAC rät deshalb dringend dazu 24 Stunden lang das Auto stehen zu lassen, denn selbst wenn der THC-Wert unter dem gesetzlichen Grenzwert liegt, kann ein auffälliges Fahrverhalten zu einer Anzeige und einer MPU (Medizinisch-psychologischen Untersuchung) führen.

Gefahr von Psychosen bei Jugendlichen
Viele Gegner der Freigabe warnten vor den langfristigen Folgen des THCs vor allem für Jugendliche. Kanadische Forschende haben jetzt den häufigen Zusammenhang von Cannabis-Konsum und dem Auftreten psychotischer Störungen bei jungen Erwachsenen festgestellt. Fünf von sechs Teenager, die deswegen stationär behandelt werden mussten, hatten vorher Cannabis konsumiert. Man geht davon aus, dass dies mit dem gestiegenen THC-Gehalt zusammenhängt. In den 80er Jahren lag der THC-Wert des Cannabis in Kanada bei einem Prozent, heute liegt dieser bei 20 Prozent. Das THC ist verantwortlich für die Rauschwirkung. Jugendliche, die sich neurologisch noch in der Entwicklung befinden, reagieren laut Medizinern*innen eher sensibel auf THC. Das Risiko für eine psychotische Störung ist deshalb durch den Cannabis-Konsum aktuell 11-mal höher.

Apotheken-Tipps für die Sommerferien

Die Koffer sind aufgegeben und man sitzt endlich am rechten Platz im Flieger. Auf Langstreckenflügen gönnt man sich zum Auftakt des Urlaubs gern ein Gläschen Sekt. Eine deutsche Forschungsgruppe hat nun jedoch herausgefunden, dass dieser bei niedrigem Luftdruck in großer Höhe das Herz-Kreislauf-System schlafender Passagiere belastet. Die Sauerstoffsättigung liegt hier ohnehin nur noch bei knapp 90 Prozent und sinkt durch den Alkohol noch weiter. Gleichzeitig geht der Puls hoch, da das Herz dies über die höhere Frequenz auszugleichen versucht. Dies betrifft selbst junge gesunde Menschen. Patienten mit Herz- oder Lungenerkrankungen können durch die Wirkung  des Alkohols ernsthafte Probleme bekommen. Herzstillstände sind für 58 Prozent aller Umleitungen von Flugzeugen verantwortlich. Dann doch besser den gerade in luftiger Höhe so beliebten würzigen Tomatensaft trinken, der nebenbei noch das Thromboserisiko senkt.

Reise-Bescheinigungen für Arzneimittel
Vor jedem Urlaub stellt man sich die Frage, welche Medikamente sollte man mitnehmen und was ist bei Reisen ins Ausland dringend nötig. Bei manchen Wirkstoffen gilt es auch den Einfluss von täglicher UV-Strahlung durch ausreichend Sonnenschutz zu beachten. Für chronisch Kranke mit lebensnotwendiger Medikation geht es dabei auch um die nötigen Dokumente, damit es bei der Einreise keine Probleme gibt. Vor allem sogenannte Betäubungsmittel (BTMs) – wozu auch starke Schmerzmittel zählen, müssen durch eine entsprechende Bescheinigung der Arztpraxis belegt werden. Bei Fernreisen am besten mehrsprachig mit Auflistung der Tagesdosis, der Wirkstoffe und der für den Urlaub notwendigen Gesamtmenge. Bei den Mitgliedsstaaten des Schengener Abkommens ist dies klar geregelt, manch andere Länder verbieten die Einfuhr aber komplett. Führt man medizinischen Cannabis mit sich, ist hierfür meist ebenfalls eine Reisebescheinigung nötig. Weitere Infos und Formulare findet man beim BfArM (Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte) unter https://www.bfarm.de/DE/Home/_node.html

Kühlung für Mensch und Pillen
Manche Medikamente reagieren auf hohe Temperaturen und müssen deshalb vor Hitze geschützt werden. Dies gilt insbesondere für Insulin, dass über 30 Grad ausflockt und unbrauchbar wird. Typ-1-Diabetiker müssen im Sommer grundsätzlich genauer auf ihren Blutzuckerspiegel achten. Hohe Temperaturen können die Durchblutung anregen und wer zusätzlich noch sportlich aktiv ist, muss u. U. mit einem plötzlichen Abfall des Blutzuckers rechnen. Dann sind schnell wirksame Kohlehydrate wichtig, um eine Unterzuckerung zu verhindern.

Sommerliche Nebenwirkungen
Wer denkt schon daran, dass auch starkes Schwitzen oder eine Dehydrierung die Wirkung von Medizin beeinträchtigt? Unerwartete Nebenwirkungen, wie Herz-Kreislauf-Beschwerden und Überdosierungen können die Folge sein. Medikamente, die bei sommerlicher Hitze u. U. Probleme machen sind Betablocker, Beruhigungsmittel, Diuretika und Abführmittel sowie Medikamente gegen Depressionen. Aber auch Schmerzmittel in Kombination mit Bluthochdruck können bei hohen Temperaturen gefährlich werden. Besser vor Reiseantritt in der Hausarztpraxis nachfragen oder bei uns vorbeikommen.

Impfempfehlung der STIKO gegen RS-Virus

Seit der Corona-Pandemie infizieren sich in jedem Herbst, oft schon im Spätsommer, überdurchschnittlich viele Kinder und Babys sowie ältere Menschen mit dem gefährlichen RS-Virus. In den letzten Jahren brachte die Welle des hochansteckenden Respiratorischen Synzytial-Virus die Pädiater und Kinderstationen regelmäßig an die Grenzen ihrer Belastbarkeit. Bis zum Ende des zweiten Lebensjahres erwischt das Virus laut RKI fast jedes Kind. Je nach Zustand des Immunsystem und Alter des Kindes kann es dann kritisch werden. Jährlich werden hierzulande rund 25.000 Säuglinge in den Krankenhäusern wegen einer RSV-Infektion der unteren Atemwege behandelt. Mitunter konnten gar nicht mehr alle versorgt werden, die eigentlich stationär aufgenommen werden müssten. Weltweit werden Millionen Kinder mit einer RSV-Infektion in Kliniken behandelt, von denen mehr als 100.000 pro Jahr diese nicht überleben. Die meisten Fälle verlaufen aber mild. Die ersten Anzeichen einer Infektion gleichen meist einer gewöhnlichen Erkältung mit Husten, Schnupfen, Halsschmerzen und Fieber.

Andere Länder sind Vorreiter
Eine echte Therapie gegen das RS-Virus gibt es derzeit nicht, lediglich Babys mit einer Herz- oder Lungenerkrankung bekamen bisher eine passive Antikörper-Immunisierung um schwere Verläufe zu verhindern. Diese muss aber monatlich erneuert werden und ist in größerer Anzahl deshalb kaum realisierbar. Seit 2023 gibt es nun einen zweiten Antikörper, der über eine komplette RSV-Saison mit einer Schutzwirkung von ca. 75 Prozent aktiv ist. Diese Zahlen gehen auf Länder zurück, in denen er bereits erfolgreich eingesetzt wurde, wie Spanien, Frankreich und den USA. Außer einer leichten Entzündung der Einstichstelle waren hier kaum Nebenwirkungen registriert. Die Anzahl schwerer Verläufe ist hier aber seither um 70 bis 80 Prozent zurückgegangen.

Erste Empfehlung einer passiven Immunisierung
Die STIKO hat sich deshalb für eine Impfempfehlung des Wirkstoffes Nirsevimab entschieden, der von Sanofi und AstraZeneca gemeinsam unter dem Namen Beyfortus vertrieben wird. Hiermit sollen Säuglinge und Neugeborene während oder vor ihrer ersten RSV-Saison vor schweren Atemwegsinfekten geschützt werden, in der Regel mit einer Impfung im Rahmen der Vorsorgeuntersuchung U2. So ließe sich eine Infektion vom Säuglings- ins Kleinkindalter verschieben, wenn das Immunsystem hierfür besser trainiert ist. Ein Leben lang verhindern kann man sie nicht. Somit wird erstmals eine sofort wirksame passive Immunisierung empfohlen, deren Wirkung nach einer gewissen Zeit den Körper wieder verlassen hat ohne einen bleibenden Immunschutz aufzubauen. Seine Sicherheit entspricht den besonders hohen Anforderungen, die hierzulande für alle Säuglingsimpfstoffe erhoben wird. Der bereits seit 2023 verfügbare aktive Impfstoff gegen das RS-Virus ist nur für Senioren über 60 Jahren sowie Schwangere zugelassen.

Quo vadis deutsche Apotheken-Reform?

Noch vor der parlamentarischen Sommerpause wollte Gesundheitsminister Lauterbach die geplante Apothekenreform verabschieden – an Bundestag und Bundesrat vorbei. Dass es dazu Mitte Juli nicht mehr kam, ist vielleicht der zähen Haushaltsplanung für 2025 geschuldet. Sicher ist, dass der Gegenwind aus den Bundesländern und den Apotheker-Verbänden, nachdem der Referentenentwurf des Apotheken-Reformgesetzes publik wurde, heftiger ausfiel als erwartet. Kritik an dem „größten anzunehmenden Unfall“ für deutsche Apotheken kam sogar von einzelnen SPD-Gesundheitsministern der Länder. In Hessen blieben Ende Juni direkt für zwei Tage die Apothekentüren zu. Doch was beinhaltet die Lauterbachsche Vision einer zukunftsfähigen deutschen Apotheke? In seiner Light-Version wären Apotheker*innen nur noch in der Haupt-Apotheke notwendig, Filialen dürften künftig von PTAs geführt und der pharmazeutische Rat falls nötig per Video eingeholt werden.

Light-Apotheken ohne Beratung
Ähnlich wie bei den angedachten Gesundheitskiosken, die im ländlichen Raum viele der bald nicht mehr vorhandenen Hausarztpraxen ersetzen sollen, würde die Light-Apotheke quasi zum Bestell- und Medikamenten-Abholservice. Auch das Labor für die Herstellung von Rezepturen wäre hier unnötig. Weniger Bremsklotz-Bürokratie wäre dagegen durchaus sinnvoll, auch bei der sehr starren Apotheken-Betriebsordnung. Würde sich diese Vision aber durchsetzen, wäre das der Untergang nicht nur für den aktuell trotz vieler Probleme noch immer hohen Qualitätsstandard. Die noch immer nicht gehobenen Lieferprobleme sind trotz politischer Bemühungen weiterhin an der Tagesordnung. Selbst erfahrene PTAs wären aktuell damit überfordert und wollen sich hier auch nicht als „Apotheken-Lightung“ verheizen lassen. Im Übrigen dürfte sie auch nicht den Notdienst übernehmen, hierfür wäre weiterhin ein/e approbierte/r Apotheker/in nötig.

Ohne Honorarzuwachs keine Perspektive
Schon jetzt ist eine spürbare Folge der vorliegenden Reformpläne die zunehmende Abwanderung von PTAs in die Industrie – zumeist wegen besserer Bezahlung. Die zu erwartenden schlechteren Rahmenbedingungen macht die Suche vieler Apotheken, nach Apotheker*innen für die Nachfolge noch schwieriger. Im Ergebnis schnellen die Zahlen der Apothekenschließungen weiter nach oben – nicht nur auf dem Land. Aber auch junge Apotheker*innen, die ihre Zukunft in der eigenen Apotheke gesehen haben, überlegen jetzt die Reißleine zu ziehen, bevor es zu spät ist, wie beispielsweise Insel-Apotheker, die derzeit noch Helgoland und Pellworm versorgen. Statt ein Licht am Ende des Tunnels zu entzünden, indem die lange überfällige Honorarerhöhung auf den Weg gebracht wird, geht die Politik mittels der neuen Eckdaten mit der Sense gegen die Apotheken vor.

Für mehr Kompetenzen fehlen Fachkräfte
Für die erweiterten Pharmazeutischen Dienstleitungen, sind schon jetzt in vielen Apotheken kaum noch ausreichend Mitarbeiter*innen vorhanden, auch nicht für Lauterbachs liebstes Kind, das Gesundes-Herz-Gesetz, das 2025 eingeführt soll. Kommt es wie geplant, dann folgt auf die Apotheke ohne Apotheker*in früher oder später die Gesundheit ohne Pharmazeuten. Eine Zwei-Klassen-Versorgung ist jedenfalls mit den neuen Möglichkeiten für Apothekenketten- und Light-Versionen absehbar und die gewohnte pharmazeutische Versorgung würde mittelfristig nur noch in städtischen 1A-Lagen gesichert sein. Sicher, neue Konzepte braucht das Land, aber nicht indem man zulasten der Patienten*innen den bislang geltenden Qualitätsanspruch völlig über Bord wirft, denn wo Apotheke dransteht, sollte jeder Kunde*in auch weiterhin eine/n Apotheker*in erwarten können.

Das Dilemma mit dem Apotheken-Notdienst

Immer wieder ist von einer notwendigen Neuordnung des Notdienstes die Rede, der zu den Pflichten jeder niedergelassenen Apotheke gehört. Gerade in ländlichen Gebieten, in denen in vielen Gemeinden keine Apotheke mehr zu finden ist, führt dies zu immer längeren Anfahrtsstrecken. Wo ohnehin Mitarbeiter*innen fehlen, wird der nächtliche Notdienst nach einer kompletten Tagesschicht oft zusätzlich geleistet. Nicht selten ist diese/r Apotheker*in am nächsten Tag dann wieder hinterm Verkaufstisch zu finden. Aufgrund der steigenden Zahl an Apothekenschließungen müssen die wenigen Verbliebenen immer öfter den ungeliebten Nacht- und Wochenendnotdienst übernehmen. Auch die drei Bären-Apotheken stehen in unterschiedlichem Turnus in der Pflicht: in Herrenberg aktuell alle 12 Tage, in Tübingen dagegen nur alle 20 Tage. Im Grunde handelt es sich beim Notdienst um einen Bereitschaftsdienst, für den sich ein/e Mitarbeiter*in in den Räumen der Apotheke aufhalten muss. Oft steht hierfür eine Schlafgelegenheit zur Verfügung.

Schwierig durch Fachkräftemangel
Kleine ländliche Apotheken haben schon wegen des Pflichtnotdienstes häufig Probleme approbierte Apotheken-Mitarbeiter*innen zu finden. Wo jemand ausscheidet, sind entstandene Lücken kaum noch zu schließen. Etwa die Hälfte aller Apotheken müssen statistisch pro Quartal ein bis vier Mal den Notdienst übernehmen. Landapotheken trifft es mitunter inzwischen doppelt so häufig – Tendenz steigend. Deshalb wird seit langem eine bessere Vergütung sowie ein anderer Turnus gefordert. Erfüllen dürfen den Notdienst übrigens ausschließlich Apotheker*innen.

Schlechte Entlohnung
Bislang bekommt eine notdiensthabende Apotheke einen einmaligen Zuschlag pro Kunde*in von 2,50 € für abgegebene Medikamente, was man auch als symbolisch bezeichnen könnte. Ist auf dem Rezept das Feld „noctu“ angekreuzt, übernimmt diesen Betrag die Krankenkasse. Genutzt wird der Notdienst vor allem in Ballungsräumen nicht selten wie normale Öffnungszeiten, obwohl es sich letztlich um einen Bereitschaftsdienst handelt. Da die Vergütung des Apotheken-Notdienstes schon lange nicht ausreichend ist, gibt es seit 2013 einen pauschalen Notdienstzuschuss durch den Nacht- und Notdienstfonds (NNF), organisiert vom Deutschen Apothekenverband und bezahlt von der Gesamtheit aller bundesweiten Apotheken. Hierzu will das Bundesgesundheitsministerium im Rahmen der geplanten Apothekenreform künftig 7 Cent beitragen, zusätzlich zu dem, bislang mit 21 Cent pro verkauftem verschreibungspflichtigem Medikament vom NNF getragenem Anteil.